«An der Batterie-Technologie wird die E-Mobilität nicht scheitern»

Interview von: George Stutz, mit freundlicher Genehmigung der Winterthurer Zeitung

Reichweitenängste und hohe Preise für reine Elektrofahrzeuge gehören für viele Automobilisten zu den Hemmschuhen, auf rein mit Strom angetriebene Autos umzusteigen. Die Batterie-Technologie macht jedoch rasante Sprünge hin zu deutlich leistungsstärkeren Akkus, die bereits Reichweiten von gegen 500 Kilometern ermöglichen. In der Herstellung von Batterien ist auch die Winterthurer Designwerk Products AG tätig.

Noch gelten die in den meisten elektrifizierten Serienfahrzeugen eingebauten Akkus betreffend Effizienz, Gewicht, Grösse und Ladezeit, aber auch im Zusammenhang mit dem Recycling, als verbesserungsfähig. Die laufenden Fortschritte sind jedoch immens, wie auch der im Winterthurer Unternehmen Designwerk Products AG tätige Thomas Prohaska, Produktmanager HV-Batterien und Master of Science ETH in Elektrotechnik, bestätigt.

Ihre Unternehmung hat kürzlich die Marke Batteriewerk übernommen, die nun deren modulare Hochleistungsbatterien produziert. Was kann eine Batterie von Batteriewerk besser, als herkömmliche Produkte?

Thomas Prohaska: Unsere Batteriepakete sind modular aufgebaut. Heisst, wir können Sys- teme auf verschiedene Anwendungsbereiche und Kundenbedürfnisse auslegen und ergän- zend auf Standardgrössen zurückgreifen. Hier setzen wir auf eine sorgsame Auswahl der Komponenten und eine gut abgestimmte Produktion, wobei es auf jedes Detail ankommt. Wir verwenden beispielsweise bewährte Module aus der Automobilindustrie. Entsprechend klimatisiert, weisen die Batteriepakete dabei eine hohe Lebensdauer auf. Im Nutz- fahrzeugbereich, wo die Lebensdauer im Sinne der Amortisation stark gewichtet wird, ist das von Vorteil.

Neben Batterien stellen Sie auch Ladesysteme her, sind auch diesbezüglich Quantensprünge zu erwarten, sodass Auto-Batterien dereinst während eines Kaffeehaltes vollständig geladen werden können?

T.P.: Tatsächlich entwickelt sich auch die Ladetechnik schnell weiter. Mittlerweile gibt es öffentliche Ladesäulen an Raststätten, welche das Laden mit Leistungen von bis zu 350 Kilowatt erlauben (zum Vergleich: die Ladesäulen der Tesla Superchargen erlauben rund 120 Kilowatt). Die neuste Fahrzeuggeneration kann so innerhalb von 15 Minuten zu 80 Prozent, beziehungsweise für rund 400 Kilometer geladen werden. Ein ähnlicher Ladestandard für Nutzfahrzeuge befindet sich in seiner Frühphase. Zuerst aber müssen die auch schon hohen Ladeleistungen wie 150kW flächendeckend eingeführt werden. Das ist in der Praxis nicht immer einfach, weil alle Komponenten der Ladekette, wie Anschluss, Kabel und Batterie für diese Leistungen ausgelegt werden müssen. Wichtig ist, dass zukünftig mehr Lademöglichkeiten geschaffen werden, damit nicht erst geladen wird, wenn die Batterie ganz entladen ist.

Die Elektromobilität scheint jetzt so richtig Fusszufassen, einer der Hemmschuhe ist aber weiterhin die Batterie. Inwiefern forscht und entwickelt Designwerk auch diesbezüglich wegweisend?

T.P.: Grundsätzlich entwickelt Designwerkneue Batterieformate auf Kundenwunsch, betreibt aber keine Grundlagenforschung. Das machen unsere Industrie- und Hochschulpartner. Es gibt einige interessante Neuentwicklungen, welche wir gespannt mitverfolgen, wie beispielsweise die Festkörperbatterie. Innovation und Entwicklergeist gibt es bei Designwerk sonst aber mehr als genug. Die Batterie ist meist ein Legostein eines innovativen Gesamtsystems. Da möchten wir unserer Kundschaft Hand bieten.

Wann werden kleinere, leichtere und trotz dem viel effizientere (Reichweite) Batterien auf den Markt kommen?

T.P.: Mit der aktuellen Batterietechnologie am Markt lassen sich die meisten Mobilitätsszenarien mit Ausnahme vom Gütertransport über Langstrecken schon heute abdecken. An der Technologie scheitert es somit nicht, sondern eher am Willen im Sinne einer Mobilitätswende sowie den Herstellkosten. Die Energie- und Leistungsdichte von Batteriezellen ist in den letzten Jahren bei sinkenden Kosten laufend gestiegen. Unsere Batterien haben in der aktuellen Generation über 25 Prozentmehr Kapazität als die letzte Generation, die erst vor wenigen Jahren bei gleichem Bauraum lanciert wurde. Geht das so weiter, ist ein Durchbruch nur eine Frage der Zeit. Es sieht gut aus für die Elektromobilität.

Kritisiert wird zudem der teils menschen- unwürdige Abbau von Kobalt und Lithium. Wie lassen sich diese Elemente unter gerechten Umständen gewinnen, ohne dass die Kosten explodieren?

T.P.: Die Kritik an den Abbaubedingungen gewisser Rohstoffe wie Kobalt ist gerechtfertigt. Da wir selbst keine Zellen bauen, haben wir hier leider keinen direkten Einfluss, wohl aber auf die Auswahl unserer Zulieferer. Wir setzen unsererseits auf einen Modullieferanten mit den höchsten Standards, was die Zulieferkette angeht. Die Forschung zielt zudem da- rauf ab, kritische Rohstoffe bei neuen Technologien zu reduzieren oder zu ersetzen, was bei neuen Batteriegenerationen gelungen ist. Das Resultat ist eine Reduktion dieser Rohstoffe um bis zu minus 75 Prozent.

Erstaunlich ist, dass in der Schweiz das Recycling von Batterien oder auch lithium- oder kobalthaltigen Technologien (Handy etc.) nicht vorangetrieben wird. Weshalb ist das so und ist Designwerk auch hier bemüht?

T.P.: Das Recycling wird tatsächlich noch nicht stark forciert, dies aus dem einfachen Grund, weil es praktisch noch keine Rückläufe von Traktionsbatterien gibt. Schliesslich sind die meisten Fahrzeuge noch nicht so lange im Be- trieb. Das wird sich aber bald ändern. Lösungen für das Recycling der Batterien sind allerdings vorhanden. Wir sind in Kontakt mit Recyclingunternehmen, welche aktuell Wiederverwendungsquoten von 96 Prozent er- reichen. Nebst neuen Methoden im Recycling wird zukünftig auch das Thema des Second Li- fe an Bedeutung gewinnen. Eine Fahrzeugbatterie wird meist nur bis zu einer Restkapazität von 80 Prozent genutzt. Anschliessend können sie jahrelang als stationäre Speicher weiterverwendet werden und damit einen erneuten Beitrag an die Energiewende leisten. In dem Bereich haben wir auch schon viele Ideen.

Weshalb werden Autos, Flugzeuge und Schiffe nicht mit Photovoltaikpaneelen ausgerüstet?

T.P.: In allen drei Bereichen sind uns Beispiele bekannt, bei denen die Photovoltaik eingesetzt wird. Bei den Autos das Modell «Sion» der Firma Sono, bei den Flugzeugen die Solar Impulse und bei den Schiffen die Planet Solar. In der Aviatik und der Schifffahrt nimmt die Elektrifizierung langsam Fahrt auf. Bei den Fahrzeugen haben wir unsererseits bereits einen LKW mit Solarpanelen ausgestattet. Fest steht aber: Für die Traktion sind die Solarzellen bei LKW nicht ausreichend. Möglich wäre beispielsweise die Nutzung für den Betrieb des Aufbaus eines Kühltransporters oder für die Gewinnung von rund 30 Kilometern Reich- weite im Falle eines PKW.

Lohnt es sich, jetzt auf ein strombetriebenes Fahrzeug umzusteigen oder wird die nach- haltige Entwicklung der Batterien in den nächsten zwei, drei Jahren einen solch rasanten Sprung machen, dass es sich lohnt, zuzuwarten?

T.P.: Technologie braucht schon heute Kun- den, damit sie morgen weiterkommt. Und Um- steigen lohnt sich schon längst. Viele Fahrzeughersteller haben Fahrzeuge im Angebot, welche absolut alltagstauglich sind. Man darf zudem nicht nur die Anschaffungskosten betrachten, welche oft ein Hemmnis sind, sondern auch die geringeren Betriebskosten von Elektrofahrzeugen, die eine Amortisation erlauben. Batterien entwickeln sich zwar – zum Glück – immer noch weiter, doch durch die vermehrte Standardisierung der Batteriegrössen ist es denkbar, dass zukünftig neue Batteriegenerationen im gleichen Bauraum einfacher nachgerüstet werden können.

Wenn ich ein E-Fahrzeug mit Designwerk- Komponenten kaufen möchte, nicht aber über das nötige Kleingeld für Ihren E-Müllwagen verfüge, welches Mobil mit Winterthurer Hintergrund steht mir zur Auswahl?

T.P.: Die Gesamtkosten über die Lebensdauer unserer Müllwagen sind auf Dauer geringer, als bei der Dieselvariante. Zur Kompensation der höheren Anschaffungskosten bieten wir neu eine Batteriemiete von bis zu zehn Jahren an. Abgesehen davon war Designwerk bei der Konzeption des Microlino beteiligt, welcher bald in Serie gehen soll. Auch das Postzustellfahr- zeug DXP der Schweizerischen Post von Kyburz wurde von uns entwickelt. Wir sind zu- dem für viele weitere Fahrzeughersteller tätig, welche wir leider nicht namentlich nennen dürfen. Aber zahlreiche PKW-Hersteller – darunter viele namhafte Premiumhersteller – werden zumindest mit Designwerk Geräten während der ganzen Entwicklung und Erprobung geladen.